Moore als Archive der atmosphärischen Deposition

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In den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entdeckten Wissenschaftler erstmals, dass die Pb-Konzentrationen in den oberen Torfschichten von Regenwassermooren aus Norwegen (Hvatum, 1964) und Finnland (Salmi, 1969) deutlich höher waren als die in tiefer gelegenen, also älteren Schichten. Diese Regenwassermoore, die Gegenstand der Untersuchungen waren, haben die Besonderheit, daß ihre lebende Vegetation an der Oberfläche allein auf die Nährstoffe angewiesen ist, die durch nasse (Regen, Schnee) und trockene (Sedimentation) Deposition auf das Moor gelangen. Sie sind ombrotrophe, also allein vom Regenwasser ernährte Moore. Solche erhöhten Pb-Konzentrationen in den oberflächennahen Torfen konnten deshalb nur durch eine veränderte atmosphärische Deposition erklärt werden. Und man folgerte daraus, dass die verbreitete Verwendung von verbleitem Benzin diese Anreicherung von atmosphärischem Blei verursacht hatte.

Die Interpretation, daß die Pb-Anreicherung in den oberflächennahen Schichten fast ausschließlich der anthropogenen atmosphärischen Deposition zuzurechnen ist, wurde von darauf folgenden Studien in Skandinavischen Regenwassermooren weiter untermauert (Hvatum, 1971, 1972; Tanskanen, 1972, 1977; Tyler, 1972; Sillanpää, 1972). Die Entdeckung markanter Pb-Maxima in Torfen, die der Römerzeit zuzurechnen sind, in Mooren aus England (Lee und Tallis, 1973), Deutschland (Ernst et al., 1974) und Holland (van Geel et al., 1989) legten dann die Vermutung nahe, dass ombrotrophe Moore geeignet sind, eine veränderte atmosphärische Metalldeposition durch die Zeit zu archivieren. Im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte wurden eine Reihe von Studien im Hinblick auf Metallkonzentrationen in Torfprofilen durchgeführt, wobei sich der vorwiegende Teil der neueren Studien mit den Regenwassermooren als Archive der atmosphärischen Deposition, beschäftigen. Autoren, wie Coleman (1985), Glooschenko (1986), Livett (1988), Jones und Hao (1993), Stewart und Fergusson (1994), Kempter (1996), Shotyk (1996a,b) und Shotyk et al. (1997a), haben die wichtigsten Arbeiten zusammengefaßt.

Entscheidend für die Eignung von ombrotrophen Mooren als Archive der atmosphärischen Metalldeposition war sicherlich der Nachweis, dass die Metalle nach ihrer Ablagerung auf der Mooroberfläche innerhalb des Torfkörpers nachträglich nicht mehr verlagert werden (Coleman, 1985; Livett, 1988; Urban et al., 1990; Shotyk, 1996a,b). Eine solche Immobilität ist bisher für Blei belegt (Shotyk et al., 1997a, b; Benoit et al., 1998), so daß ombrotrophe Moore in der Lage sind, die veränderten Raten der atmosphärischen Pb-Deposition zu konservieren. Für andere Metalle muss ein solcher Beleg erst noch erbracht werden.

Auf dem ersten Workshop über "Peat Bog Archives of Atmospheric Metal Deposition", der 1996 in Bern (Schweiz) abgehalten wurde, war eines der Hauptziele, die Erkenntnisse aus Studien, die anhand von ombrotrophen Mooren gewonnen wurden, mit denen zu vergleichen, die andere Archive, wie Eisbohrkerne oder Seesedimente, nutzten. Trotz uneinheitlicher Forschungsansätze und die Bearbeitung verschiedenster Regenwassermoortypen in den unterschiedlichsten Regionen (von Nordwest Spanien über Zentraleuropa bis ins abgelegene Nordnorwegen, sowie Nord- und Südamerika), mehrten sich die Anzeichen, daß Blei in den Torfen quantitativ zurückgehalten wird (Shotyk et al., 1997a):

  1. die 210Pb-Gehalte in Torfprofilen dreier verschiedener Moore des Schweizer Jura stimmten mit den atmosphärischen Einträgen überein (Appleby et al., 1997)
  2. Torfprofile aus Dänemark (Draved Mose bog), die 1996 und 1986 (Aaby, unveröffentlicht) entnommen wurden, zeigen die gleiche Chronologie der Pb-Deposition, wie sie für Bohrkerne dokumentiert wurden, die schon 1976 an dieser Stelle entnommen wurden (Aaby et al., 1979).
  3. vergleichende Studien der Chronologie der atmosphärischen Pb-Deposition in Torfprofilen und Seesedimenten zeigen eine gute Übereinstimmung (Farmer et al., 1997; Norton et al., 1997; Bränvall et al., 1997)
  4. ein ausgeprägtes römerzeitliches Pb-Maximum wurde in Torfprofilen aus Nordwest Spanien (Cortizas et al., 1997), der Schweiz (Shotyk et al., 1996), verschiedenen Regionen Deutschlands (Görres und Frenzel, 1997; Kempter et al., 1997), England (West et al., 1997), und Schweden (Bränvall et al., 1997) dokumentiert. Die Erhaltung dieser Pb-Maxima über mehr als 2000 Jahre hinweg, spricht deutlich gegen eine signifikante Mobilität von Blei in den Torfkörpern der Moore unabhängig von diesen Untersuchungen durchgeführte Feld- (MacKenzie et al., 1997, 1998) und Laborstudien (Vile et al., 2000) kommen ebenfalls zu dem Schluß, daß sich Pb in den Mooren immobil verhält.

Literatur