Moore als Archive der atmosphärischen Deposition

- Laufendes Projekt/eigene Vorarbeiten/Osmium -

Es existieren eine Reihe eigener Vorarbeiten zur Verbesserung der Vorbereitung der Proben für die Spurenelementanalyse sowie der Os- und Pb-Isotopenanalyse. Es gibt empfindliche, schnelle und zerstörungsfreie Methoden, die es ermöglichen, Pb direkt im Torf (Cheburkin und Shotyk 1996, 1999) und im Glührückstand der Torfe (Weiss et al. 1999a) anhand der Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) zu messen. Für das beantragte Projekt ist aber das Auflösen der Proben mit Hilfe des beantragten Hochdruck-Mikrowellen-Autoklaven (ein vollständiges Auflösen der Torfproben) der Ausgangspunkt für eine sich direkt anschließende und sehr Material sparende analytische Aufarbeitung der Proben. Mit der weiterentwickelten chemischen Aufbereitung nach Pin et al. (1994, 1997) ist es möglich, mit einer Gesamtmenge von 1,5 g getrocknetem Torfpulver, alle Spuren- und Isotopenanalysen durchzuführen. Damit werden Material sparend perfekt vergleichbare Datensätze erzeugt. Die Genauigkeit der Pb-Isotopenanalyse liegt bei 0,01% für 206Pb/207Pb und <0,5% für 187Os/188Os. Da sich das Verhältnis Pb/Ti als ein wichtiger Parameter der Unterscheidung zwischen natürlichem und anthropogenem Blei in Torfen herauskristallisiert hat, werden neben einem breiten Spektrum von Spurenelementen auch die Gehalte von Sc, Pb und Ti mittels Q-ICP-MS hoch präzise mit bestimmt.

Eigene Vorarbeiten für die Analyse von Os:

Im Zuge der Verbesserung des Anreicherungsverfahrens für Os wurde, im Rahmen einer von Herrn Dr. Michael Brauns betreuten Doktorarbeit an der Universität Gießen, eine Voruntersuchung am „Solling-Bodenprofil“ (Haack et al. 2002) vorgenommen. Dort zeigte sich, in einem vor allem mit Koniferen bewachsenen Waldboden, ein Gradient in der Os-Konzentration, der parallel zu Pb im selben Probenmaterial verläuft. Diese Untersuchungen zeigen, dass sowohl Os als auch Pb, aufgrund der erhöhten Filterwirkung von Koniferen, aus der Luft aufgenommen wird (nicht resorbiert, aber z.B. durch anhaftenden Staub). So gelangen u.a. Pb und Os beim Abfallen der Nadeln auf den Waldboden und durch Kompostierung weiter in das Erdreich. In Mooren ist zwar die Filterwirkung durch Koniferen nicht gegeben, daher fallen die Os-Konzentrationen im Torf potentiell deutlich geringer aus, sind aber noch nachweisbar (Rauch et al. 2010) und „schreiben die Geschichte der Verunreinigung unserer Atmosphäre“ durch das kontinuierliche Wachstum des Moores in quantifizierbarer Weise mit.

Analytische Methoden zur Messung niedrigster Os-Konzentrationen und der Isotopenverhältnisse des Os:

Die chemische Aufbereitung von Gesteinen oder Erzen für die nachfolgende Os-Extraktion ist Routine und wird von vielen Laboratorien weltweit beherrscht. Die in diesem Projekt angestrebte Extraktion von Os aus Torf, d.h. fast reinem organischen Material mit sehr niedrigen Os-Konzentrationen (<<50 ppt Os) stellt ein erhebliches analytisches Problem dar. Das Prinzip der Os-Abtrennung ist immer das gleiche: Os wird oxidiert, destilliert oder, wie bei der flüssig/flüssig-Extraktion, in einem mit der Aufschlusslösung nicht mischbaren Medium (z.B. Br oder CCl4) gelöst. Die Oxidation kann dabei durch sog. „inverses“ Königswasser oder durch schwefelsaure CrVI-Lösung erfolgen. Die Schwierigkeiten bei der chemischen Aufbereitung organischer Materialien für die anschließende Os-Extraktion hängen mit der sehr starken Entwicklung von Reaktionsgasen zusammen. Os als sehr edles Element wird in dieser Matrix erst dann oxidiert werden, wenn der gesamte Kohlenstoff in der Probe umgesetzt ist. Die Reaktionsgase CO bzw. CO2 entstehen in der „heißen Phase“ des Aufschlusses (>> 35,7°C), sprudeln durch die Reaktionslösung und reißen so höchstwahrscheinlich OsO4 mit (siehe dazu Hassler et al. 2001). Daher setzt die chemische Aufbereitung von Torfproben die Entwicklung einer Methode voraus, die besondere Rücksicht auf die Reaktionsgase nimmt, d.h. diese so lange in der Reaktionslösung hält, bis diese auf eine unkritische Temperatur abgekühlt ist und die Reaktionsgase nicht mehr entweichen und damit zu einem Os-Verlust führen können. Die Probeneinwaage ist bei den professionellen Aufschlussgeräten auf max. 1,5 g limitiert und die zu erwartenden kleinen Os-Mengen müssen effizient und möglichst kontaminationsfrei auf die Messung mit dem Thermionenmassenspektrometer (TIMS) vorbereitet werden.

Die Anreicherung von Os für die anschließende Messung mit einem TIMS wird am Curt-Engelhorn-Zentrum nach einem von Brauns (2001) entwickelten Verfahren durchgeführt. Dieses wird kontinuierlich weiterentwickelt und ermöglicht derzeit die Analyse von Proben mit einem Gesamtgehalt an Os von 1 pg. Durch die langjährige Erfahrung von Herrn Dr. Brauns (mehr als 13 Jahre) auf dem Gebiet der Os-Analyse von verschiedensten Materialien (Fischzähne, Marmor, Kalkstein, Eisen, Eisenerz etc.), bestehen die besten Voraussetzungen für die Entwicklung eines neuen und reproduzierbar funktionierenden Aufschlussverfahrens für die Os-Analysen an Torf. Es wurden bereits erste ermutigende Versuche hierzu durchgeführt:

Versuchsanordnung:

Bei dem Aufschluss aus ca. 1 g Torf wären etwa 10 pg Os aus der Probe sowie 5 pg Spike, also insgesamt etwa 15 pg Osmium zu erwarten. Folglich wurde in eine „Carius tube“ (Ampulle aus Glas) Os-Standard gegeben (entsprechend 15,35 pg Os), mit einer Mischung aus Ethanol und Trockeneis gekühlt, 7 ml einer Mischung HNO3 konz. + H2O2 30%ig (5,5 ml + 1,5 ml) in die Ampulle pipettiert, zu geschmolzen und 24 Stunden im Ofen bei 240 °C belassen. Diese Ampulle wurde auf 0 °C abgekühlt, geöffnet und 30 Minuten lang mit gekühltem Trägergas gespült. Das Trägergas wurde in die von Herrn Dr. Brauns entwickelte Kühlfalle geleitet und das abgeschiedene Os mit einem Spike versehen, um die Ausbeute zu bestimmen. Die Destillation wurde über 30 Minuten bei 0 °C durchgeführt. Anschließend wurde der gleiche Aufschluss auf die Heizplatte gestellt und bei einer Temperatur von 85 °C weitere 40 Minuten destilliert. Das in einer neuen Kühlfalle abgeschiedene Os wurde ebenfalls mit einem Spike versehen und gemessen. Der Os-Verlust bei dieser Versuchsanordnung liegt bei 5,2 %. Mit einem professionellen Aufschlussgerät wäre es möglich, bis zu 1,5 g Torf aufzulösen, die geschlossenen Aufschlüsse abzukühlen und der Os-Extraktion zuzuführen. Auf diese Weise wäre mit Sicherheit eine Verbesserung um einen Faktor 30 – 40 zu erwarten.

 

Destillation

Destillationszeit

Os-Ausbeute in pg

Os-Ausbeute in %

bei 0 °C destilliert

30 Minuten

0,8

5,2

bei 85 °C weiter destilliert

40 Minuten

11,3

73,6

 

 Tab. 1: Os-Ausbeute der Destillation bei 0 °C und bei einer Temperatur von 85 °C (eingesetzte Osmiummenge = 15,35 pg)

 

Die Resultate zeigen, dass das Grundprinzip sehr gut funktioniert. Mit einer besseren Steuerungsmöglichkeit der Parameter Druck, Temperatur, etc. sollte eine weitere Verbesserung zu erwarten sein. Aufschlussgeräte, wie sie von den Firmen MLS und Paar angeboten werden, sollten dies ermöglichen. Ein erster Anwendungstest wurde mit ebenfalls erfreulichem Resultat durchgeführt.