Moore als Archive der atmosphärischen Deposition

- Laufendes Projekt/Stand der Forschung/Bleiisotope -

Die Bestimmung der Bleiisotopenverhältnisse ermöglicht, neben der Abgrenzung anthropogener von natürlichen Bleiquellen, auch das Aufspüren der Hauptverursacher. Grundlage hierfür ist, dass sich die U- und Th-Konzentrationen und das Alter der Gesteine, aus denen sich die Bleierze gebildet haben, unterscheiden. Die Isotopenzusammensetzung der Bleierze istdeshalb auch verschieden und jeder Bleierzablagerung kann eine typische isotopische Signatur zugeordnet werden. Pb, das als Alkylblei dem Benzin beigesetzt wurde, weist also die gleiche isotopische Signatur auf wie die Bleierze, aus denen das Alkylblei gewonnen wurde und unterscheidet sich deutlich von der Signatur des natürlichen Pb in aufgewehtem Bodenstaub. Auch das Pb, das in Kohle oder Abfallprodukten enthalten ist, spiegelt die Isotopenzusammensetzung der ursprünglichen Pb-Quelle wider (Bacon 2002).

Die isotopische Zusammensetzung von atmosphärischem Pb hat sich während der letzten zwei Jahrzehnte in Europa (De Vleeschouwer 2007, 2009, Bindler et al. 2008), aber auch anderswo auf der Welt (Diaz Somoano et al. 2009, Shotyk und Krachler 2010), deutlich verändert. Zwischen ca. 1850 und 1900 lag das Verhältnis von 206Pb/207Pb zwischen 1.18 und 1.17 und zeigte einen deutlichen Abwärtstrend. Zwischen 1900 und 1940 hielt dieser Trend weiter an und die Werte des Verhältnisses von 206Pb/207Pb verringerten sich auf 1.16. Mit der Einführung des verbleiten Benzins in den 1940er Jahren fielen die Werte stark bis auf 1.12 in AD 1980. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß dieses starken Abfalls war die Folge der Verwendung von australischen Erzen (206Pb/207Pb =1.04) bei der Herstellung von europäischen Ethyl- und später Methylblei-Benzinadditiven. Seit 1980 gab es einen fortlaufenden Anstieg der 206Pb/207Pb Verhältnisse bis zu einem Wert von 1.16. Die Ergebnisse der DFG Projekte SH/894-1 und -2 zeigen, dass die Verhältnisse von 206Pb/207Pb innerhalb der untersuchten Moore erstaunlich wenig variieren. Der ermittelte Wert des 206Pb/207Pb Verhältnisses ist mit 1.157 bis 1.159 jedoch deutlich gegenüber dem ursprünglichen Verhältnis präanthropogener Aerosole erniedrigt. Zudem zeigt die Übereinstimmung der Mediane der 206Pb/207Pb und 208Pb/206Pb Verhältnisse, dass beide untersuchten Regionen von der gleichen Quelle von natürlichem und anthropogenem Blei beeinflusst werden (Shotyk et al. 2015).

210Pb wird durch den Zerfall des Edelgases 222Rn aus der Lithosphäre in die Atmosphäre freigesetzt. Ionisierte 210Pb-Atome lagern sich dann an Aerosole oder Staubpartikel an, die entweder per Sedimentation zur Erde gelangen oder aus der Atmosphäre ausgewaschen werden. Aus der Atmosphäre wird somit kontinuierlich 210Pb (genannt „unsupported” 210Pb) auf der Erdoberfläche und den Wasseroberflächen abgelagert. Dieser Prozess ist unabhängig von den industriellen Pb-Emissionen und ermöglicht es, die Variabilität des Eintrags natürlicher atmosphärischer feiner Partikel (auch Akkumulationsmodus genannt, mittlerer Durchmesser 0,5 μm, Winkler et al. 1998) zu bestimmen. Außerdem ist 210Pb radioaktiv. Seine Halbwertszeit (t1/2 = 22,26 Jahre) erlaubt es uns, die vergangenen ca. 150 Jahre der Torfablagerungen zu datieren. Die während der DFG Projekte SH/894-1 und -2 ermittelten Mediane der 210Pb-Aktivität von Moosen aus dem NBF waren nur leicht erhöht, im Vergleich mit den Moosen aus Oberbayern. Die 210Pb-Akkumulationsrate zeigte dagegen ebenfalls, wie auch alle gemessenen Spurenelemente, die starke Abhängigkeit der Akkumulationsrate von der Produktionsrate der Moose. Sie war deshalb in den Moosen Oberbayerns nur halb so hoch wie in den Moosen des Nordschwarzwaldes. Um den Einfluss der Produktionsrate zu eliminieren wurde ein einfaches Depositionsmodell (closed system deposition model) aufgestellt, in dem der Gehalt an 210Pb unabhängig von der Produktionsrate berechnet werden kann.