Moore als Archive der atmosphärischen Deposition

- Laufendes Projekt/Stand der Forschung/Pb and Ti -

Auf den Torfmoosen (Mooroberfläche), der Schnittstelle zwischen Atmosphäre und Torf, werden Verunreinigungen durch nasse Deposition (Regen, Nieselregen, Schnee), trockene Deposition und feuchte Deposition (Wolken, Nebel) abgelagert. Der Beitrag dieser drei Wege der atmosphärischen Deposition an der Gesamtdeposition variiert dabei abhängig von der Häufigkeit und Intensität der Regen-, Schnee- oder Nebelereignisse sowie der Exposition der Rezeptoroberfläche, ihrer Größe sowie ihrer Rauheit. Die trockene Deposition ist z.B. stark von der Konzentration der Verunreinigung in der Luft und von den turbulenten Transportprozessen in der Grenzschicht abhängig sowie von der chemischen und physikalischen Natur des abgelagerten Stoffes und der Fähigkeit der Oberfläche, Gase und Partikel einzufangen (Erisman et al. 1993, 1996). Diese Parameter werden am Standort durch die Partikelgröße, die Windgeschwindigkeit, die Luftfeuchtigkeit, die Ausdehnung der Oberfläche (Blattflächenindex, Index der Vegetationshöhe) und die Rauheit der Oberfläche modifiziert (Zechmeister 1994). Da die europäischen Regenwassermoore häufig ein ausgeprägtes Mikrorelief haben und auch im Vorkommen der Torfmoosarten nicht einheitlich sind, führt dies zu einer deutlichen Ausprägung von Mikrohabitaten mit speziellen Standortseigenschaften, auch in Bezug auf die Deposition. Die Effektivität der Torfmoose, die abgelagerten Stoffe einzufangen, ist dabei zum einen von der Stämmchendichte (Individuenzahl pro Flächeneinheit) und zum anderen von der Wachstumsrate der Moose abhängig. Hierin unterscheiden sich aber die Mikrohabitate deutlich voneinander (Pakarinen 1978). So fangen z.B. Bulte signifikant mehr Partikel ein als dies Schlenken tun (Oldfield et al. 1979, Norton et al. 1997). Latschengebüsche in der Umgebung vergrößern durch ihre ungleichmäßige Verteilung auf dem Moor und ihre unterschiedliche Höhe den Eintrag an Stoffen in die Moore deutlich (Schauffler et al. 1996).

Eigene Untersuchungen in den 1990er Jahren ließen vermuten, dass Torfmoose mit einer höheren Produktionsrate und damit einer größeren Oberfläche in der Lage sind, mehr Stoffe zu binden als Exemplare oder Arten mit einer geringeren Produktionsrate (Kempter und Frenzel 2007, 2008). Leider waren diese Studien durch die analytischen Möglichkeiten für Blei sehr eingeschränkt und Pb-Isotope waren ebenfalls nicht Gegenstand der Untersuchungen. Wir haben deshalb die Variation von Pb und Ti (Kempter et al. 2010, DFG Projekt SH/894-1 und -2) sowie von 23 anderen Spurenelementen als auch von den Isotopenverhältnissen des Bleis und 210Pb innerhalb eines Hochmoores und zwischen Hochmooren verschiedener Regionen quantifiziert. Die Produktionsrate der Sphagnum Moose hatte dabei einen wichtigen Einfluss auf die Pb-Akkumulationsraten. Vergleiche mit Depositionsraten, die durch die Messung der nassen Deposition (EMEP 2004 bis 2007) sowie Abschätzung der Gesamtdeposition (Messung der nassen Deposition und Modellierung der trockenen Deposition, MAPESI 2005 und 2007) gewonnen wurden, haben trotzdem eine sehr gute Übereinstimmung der Akkumulationsraten der Torfmoose mit den Depositionsraten ergeben. Eine ausreichende Anzahl an gemessenen Proben scheint das Problem des Ein­flusses der Produktionsrate auf die Akkumulationsrate der Torfmoose auszulöschen und ein repräsen­tatives Bild der Depositionsrate in das Moor hinein zu geben (Kempter et al. 2010).